Rückblicke, 06-01-94
Kanada hat sich für die Öffnung der NATO für osteuropäische Staaten ausgesprochen. Ministerpräsident Jean Chrétien sagte am Dienstag, die NATO könne helfen, die Ausweitung regionaler Konflikte in Osteuropa auf andere Teile Europas einzudämmen. Dagegen warnte US-Generalstabschef John Shalikashvili vor einer sofortigen Ausdehnung der NATO.
Grundsätzlich könne die Ausdehnung der NATO eine gute Sache sein, doch müsse dies sehr sorgfältig durchgeführt werden, sagte Chrétien der Nachrichtenagentur Reuter. Chrétien erklärte weiter, er werde das Engagement Kanadas für die europäische Sicherheit und für die nordatlantische Allianz beim NATO-Gipfel in Brüssel kommende Woche bekräftigen.
Der amerikanische Generalstabschef John Shalikashvili warnte derweil vor einer sofortigen Ausdehnung der NATO. Es könne zu einer Destabilisierung Europas führen, wenn einige Länder aufgenommen würden und andere nicht. Die NATO sei nie eine geschlossene Gesellschaft gewesen. Aber jetzt bereits über die Aufnahme neuer Mitglieder zu diskutieren sei verfrüht.
US-Präsident Bill Clinton will sich beim NATO-Gipfel nächste Woche für einen Plan mit dem Titel „Partnerschaft für Frieden“ einsetzen. Dieser sieht vor, interessierten Staaten die Teilnahme an Programmen der Allianz anzubieten, jedoch nicht die volle militärische Mitgliedschaft.
Litauens Präsident Algirdas Brazauskas hat am Dienstag formell den Beitritt seines Landes beantragt. Polens Präsident Lech Walesa hatte den Westen zuvor aufgefordert, die NATO nach Osten hin zu erweitern.
REF 05-01-94
Der niederländische Ministerpräsident Ruud Lubbers ist am Dienstag in Washington mit US-Präsident Bill Clinton zusammengetroffen. Nach einer rund eineinhalbstündigen Unterredung sagte Lubbers vor Journalisten, er unterstütze die US- Politik einer vorsichtigen Öffnung der NATO für die Länder des ehemaligen Warschauer Paktes.
Der niederländische Politiker sprach sich damit für die von der NATO den osteuropäischen Ländern angebotene „Friedenspartnerschaft“ aus, in deren Rahmen es zwar eine militärische Kooperation aber zunächst keine Mitgliedschaft im Atlantischen Bündnis geben soll. Das Thema der Ost-Ausdehnung der NATO steht im Mittelpunkt des Gipfeltreffens, das am kommenden Montag und Dienstag in Brüssel stattfinden wird.